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1. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. V

1874 - Jena : Costenoble
Vorwort. Es bestand früher die Verordnung, daß in den Schulen der Geschichtsunterricht mit dem Jahre 1815 abbrach, und in der That ließ sich Manches für diese Vorschrift sagen. Auch pflegten die Historiker bei jenem Jahre Halt zu machen, weil der vorliegende Stoff noch nicht ausreichend konnte kritisch gesichtet werden. Nur wenige von ihnen folgten dem Verlaufe der Begebenheiten bis zur Gegenwart. Seit aber Deutschland ein einheitlicher Kaiserstaat mit con-stitutioneller Verfassung geworden ist, drängt sich das unabweisbare Bedürfniß auf, das Werden und Entstehen desselben, gewissermaßen die gereifte Frucht der sogenannten Befreiungskriege, kennen zu lernen, ja dieses Wissen zum Inhalt der allgemeinen Volksbildung zu erheben. Denn wenn der deutsche Bürger zur Wahlurne schreitet und sich für diese oder jene Partei entscheiden soll, so muß er doch wissen, wie das neue Reich unter Drangsalen aller Art entstanden und uns als kostbares Kleinod übergeben ist; er muß wissen, welches die Feinde Deutschlands sind, und welche Mittel sie gebrauchen. Dies lehrt ihn die Geschichte der neuesten Zeit. Sie giebt uns ein Bild, wohin es die Schwarzen und die Rothen mit den Völkern gebracht haben, wie sie trotz aller schön klingenden Verheißungen von Freiheit doch nur furchtbare Geistesknechtschaft oder Massenherrschaft erstreben, durch welche alle Errungenschaften unserer Kultur in Frage gestellt werden. Nun giebt es zwar tüchtige Geschichtswerke für die neueste Zeit, aber einestheils sind diese zu dickleibig, bändereich und daher zu theuer, anderntheils fehlt in ihnen die kurze faßliche Uebersicht

2. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 1

1874 - Jena : Costenoble
Einleitende Uebersicht. Seit einigen Jahrhunderten herrscht in Frankreich der Glaube, daß der „großen Nation" die Weltherrschaft gebühre, daß sie die entscheidende Stimme in Angelegenheiten andrer Staaten zu führen habe und der Rhein die natürliche Grenze Frankreichs sei, obschon bis zur Mosel und Maas die deutsche Zunge klingt, Elsaß und Lothringen uralte Reichsländer sind. Unter dem Vorwande, die Nachbarvölker zu befreien, zogen die Heere der Republik auf deren Unterjochung und Ausplünderung aus, und Napoleon wollte seine Militärherrschaft von Lissabon bis Moskau, von Palermo und Aleranbrien bis Stockholm und Kopenhagen ausdehnen. Er erhob Soldaten und Kontributionen, raubte Länder, errichtete neue Reiche, führte französische Sprache, Gesetze und Verwaltung ein und verfolgte die Vertheidiger nationaler Unabhängigkeit als Rebellen. Als er das deutsche Reich gesprengt und in Trümmer gelegt hatte, durfte er keinen nachhaltigen Wiberstanb mehr fürchten, bettn Europa hatte seinen Schwerpunkt mit dem deutschen Reiche verloren; es fehlte in der Bewegung die ausgleichend Mitte. Je rücksichtsloser aber Napoleon gegen Art und Geist der Volker verfuhr, um so lebenbiger erwachte in biesen das Gefühl, daß man gegen ihn einen Kampf auf Leben und Tod wagen müsse. In Spanien und Portugal ergriff das königlose Volk die Waffen, in Deutschland rief Erzherzog Karl das deutsche Volk auf und vertheibig-ten die Tiroler siegreich die Freiheit ihrer Berge. Als Napoleon in Rußland dem Winter erlag, riß die Begeisterung des preußischen Volkes den König fort, den Befreiungskampf zu beginnen. In großen Schlachten siegten preußische Heerführer über französische Marschälle; Blüchers Sieg bei Möckern entschied die Schlacht bei Leipzig, und diesem rüstigen Helden erlag der französische Kaiser auf den Schlachtfeldern in Frankreich und bei Waterloo, so daß er zweimal des Thrones entsetzt und auf Körner, Weltgeschichte. Iv. 1

3. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 2

1874 - Jena : Costenoble
— 2 - eine einsame Felseninsel des südlichen atlantischen Meeres vergönnt wurde. Die beispiellosen Anstrengungen Preußens und die ^apfert'eit seines Volkes befreiten Europa, stürzten den Rheinbund in fein Nichts und gaben den Völkern Enropa's das Recht nationaler Selbständigkeit zurück. Weder Preußen noch Deutschland empfingen dafür Dank, denn die versprochene Verfassung ward nicht gegeben, und unter der Bundesverfassung erlebte Deutschland eine nationale Demüthigung nach der andern. Die Völker, namentlich die Deutschen, hatten ungeheure Opfer gebracht, um die französische Uebermacht zu brechen, aber die Erfolge, wie sie im Wiener und Pariser Frieden festgesetzt wurden, entsprachen den gehegten Erwartungen nicht im Entferntesten. Die französische Republik hatte viel veraltete Mißbrauche beseitigt dem Bürgerstande zu seinem Rechte verhelfen, Napoleon selbst führte bessere Gesetze, einfachere Verwaltung und Rechts-pflege ein, die Gleichheit vor dem Gesetz war anerkannt und bei der Besetzung von Aemtern durchgeführt und selbst feine Handelssperre wirkte belebend ans viele Industriezweige ein. Auf den (Songreifen der Fürsten und Minister dagegen galten Metternichs Ansichten, welcher die Legitimität der Dynastien, deren unbeschränkte Souveränität, das Festhalten am Alten und das sogenannte Gleichgewicht der Hauptstaaten zum leitenden Grundsätze erhob. Die Völker sollten gehorsame Unterthanen werden, welche in Staatsangelegenheiten, Gesetzgebung und Steuerwesen bei Strafe nicht hineinreden dürfen. Man wollte die Revolution bei der Wurzel faffen; das Volk sollte vertrauensvoll jede Regierungsmaßregel hinnehmen, den Beamten unbedingt gehorchen _ und jede Neuerung verabscheuen. Neben den starren Absolutismus und Dogmatismus der bevorzugten katholischen Kirche stellte Metternich den Absolutismus der Dynastie. Das Volk durfte weder von Kirchen-, noch von Staatsangelegenheiten reden und ward systematisch in Unwissenheit erhalten. Dieses System war das _ des römischen Absolutismus, weshalb das Deutschthum, deutsches Recht und Herkommen in Oesterreich und den Bundesstaaten verfolgt wurden, Turner und Burschenschafter für Rebellen galten, Arndt, Iahn u. A. in den Kerker kamen. Es schien daher, als wären die langen blutigen Kriege nur geführt, um die Bourbonen mit Waffengewalt auf ihren legitimen Thron zurückzuführen, obfchon sie doch'stets Deutschlands Feinde waren und durch Gewalt und List dem Reiche Elsaß und Lothringen entrissen hatten. Mit diesem politischen Drucke verband sich noch krankhafte religiöse Frömmelei. Die Fürsten hatten große L-chicksalswechsel erlebt und erkannten in ihrem endlichen Siege eine wunderbare Hilfe Gottes. Sie schlossen daher, angeregt vom russischen Kaiser Alexander, den Bund der heiligen

4. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 7

1874 - Jena : Costenoble
=_ 7 =- Murat voreilig den Krieg, ward geschlagen, bei einer Landung gefangen genommen und erschossen. Napoleon raffte in Paris ein Heer zusammen und wandte sich gegen Blücher, der in Belgien an der Grenze stand. Er drängte diesen bei Ligny eine Stunde weit zurück, da Bülow nicht rechtzeitig eintraf und Wellington nicht zu Hilfe kam. Nun zog er gegen Waterloo, wo Wellington gegen Abend geschlagen war. Da erschien Blücher, Napoleons Heer ward zerstäubt, und Blücher zog als Sieger in Paris ein. Nach ihm hielten die verbündeten Monarchen und Ludwig Xviii. ihren festlichen Einzug, und verbesserten die Diplomaten im zweiten Pariser Frieden etwas die Fehler des ersten Friedens. Während dieser Zeit begingen die Royalisten in Südfrankreich blutige Metzeleien an den Anhängern Napoleons, so daß Oesterreicher zum Schutze dieser letzteren einschreiten mußten. In Paris drängte sich Alles um den Kaiser Alexander, der sich dadurch geschmeichelt fühlte und den Großmüthigen spielte auf Kosten Deutschlands. Ohne Preußens Erhebung hätte kein Russe 1813 den deutschen Boden betreten; Blüchers Sieg bei Waterloo machte Napoleons Herrschaft ein schnelles Ende, dennoch drangen die preußischen Staatsmänner nicht durch, als sie Elsaß und Lothringen verlangten. Denn Metternich wollte Preußen nicht groß werden lassen, und so gab Frankreich im Ganzen wenig zurück, weil man die Franzosen nicht gegen die Bourbonen aufbringen wollte. Oesterreich wollte Elsaß für sich haben, und da dies nicht durchzusetzen war trotz aller Intriguen, so blieb es bei Frankreich, damit es nicht an Preußen komme. Frankreich mußte einige kleine Grenzfestungen hergeben oder schleifen, sollte 700 Mill. Franken Kriegskosten zahlen und 5 Jahre 150,000 Mann fremde Besatzung erhalten und bezahlen. Die Franzosen, die so viele Länder erobert und ausgeplündert hatten, fanden diese Forderungen sehr ungerecht und erlangten wirklich Ermäßigungen der Bourbonen wegen. Deutschland war also wieder benachteiligt, was natürlich unter den Deutschen große Mißstimmung erregte. Indessen Metternich hatte kein Herz für Deutschland, und die preußischen, würtembergischen und niederländischen Staatsmänner drangen nicht durch. Deutschland hatte nur für die Bourbonen gekämpft, welche ebenso undankbar waren wie ihr Volk. Der preußische Staatsminister Hardenberg war kein Bismarck, sondern ordnete sich dem österreichischen unter zum großen Schaden Preußens. Kaiser Alexander gerieth unter den Einsluß einer Schwärmerin, der Krüdener. Ihm lag Manches schwer auf dem Herzen, denn er hatte um die Ermordung seines Vaters durch hohen russischen Adel gewußt und besaß nicht die Macht, die Mörder zu strafen. Daher suchte er in religiöser Schwärmerei Trost und Ruhe und fand eine ähnliche Stimmung in Friedrich Wilhelm Iii.

5. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 9

1874 - Jena : Costenoble
— 9 — halten, um gegen die Bestrebungen der Deutschen, ein einiges freies Deutschland herzustellen, Maßregeln zu verabreden und die französischen Angelegenheiten zu ordnen. Im folgenden Jahre (1819) beschloß der Congreß zu Karlsbad Maßnahmen gegen die demagogischen Umtriebe und die Verfassungen der süddeutschen Staaten. Die Revolution in Neapel veranlaßte den Congreß zu Troppau (1820) und den zu Laibach (1821), die Revolution in Spanien und Griechenland den zu Verona (1822). Es zeigte sich aber, daß die einzelnen Mächte ihre besonderen Interessen verfolgten, namentlich Rußland gegen die Türkei nach eigenem Ermessen vorging, einzelne Fürsten auch freiwillig eine Constitution bewilligten, und die Allianz mit ihren eigenen Grundsätzen in Widerspruch gerieth. England und Frankreich nahmen sich der griechischen Rebellen gegen die Türkei an, Belgien trennte sich gewaltsam von Holland; die rebellischen Polen fanden in Westeuropa Theilnahme, sogar Minister nahmen sich ihrer an, die spanischen Provinzen in Amerika erkämpften ihre Unabhängigkeit, und so löste sich die Allianz in sich selbst auf. Der Versuch, 'Europa's Völker in Zuständen des 18. Jahrhunderts festzuhalten, mißglückte, ebenso das Unternehmen, eine Universalherrschaft der Diplomaten durchzuführen, vielmehr kamen die Völker nach und nach zu ihrem Rechte und entstanden national abgeschlossene Staaten. Die Minister sind nicht mehr souveräne Leiter des Volkes, sondern demselben verantwortlich und müssen abtreten, wenn ihre Ueberzeugung nicht die der Mehrzahl des Volkes ist. Die Jahre 1864—71 haben das von 1815 an Erstrebte zum Abschluß gebracht und sind daher die Vollendung der sogenannten Freiheitskriege. Die ungeheuern Machtmittel, welche Metternich rücksichtslos zu seinen engherzigen Plänen anwendete, vermochten wohl die Entwickelung der modernen Staatsideen aufzuhalten, machten Hunderttausend unglücklich, die klüger waren als der allmächtige Metternich, aber die Weltgeschichte bahnte sich ihren Weg über Schlachtfelder, zertrümmerte Throne und Reiche. In der Welt herrscht doch ein höherer Wille, und die Ereignisse gehen wie Lawinen ihren vernichtenden Weg. Die Revolutionen in Italien (1815—30). Italien bestand gegen Ende des vorigen Jahrhunderts aus verschiedenen Staaten, welche absolutistisch regiert wurden, besonders vom Papst und den bourbonischen Herrschern. Daher fanden die französischen Republikaner überall Freunde und ward

6. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 11

1874 - Jena : Costenoble
— 11 — welche Verbesserungen im Staatswesen verlangten, zu geheimen Gesellschaften zusammen und standen auch häufig mit Gleichgesinnten der übrigen Länder in Verbindung. Hielten die Regierungen mit Militärgewalt ihre Grundsätze aufrecht, so dachten auch die Gesellschaften an den Gebrauch der Gewalt und suchten das Heer für sich zu gewinnen. Denn in diesem herrschte großes Mißvergnügen, weil der^Adel bevorzugt und verdiente Offiziere aus kränkende Weise zurückgesetzt wurden. Hatte das Heer das Vaterland von der Fremdherrschaft befreit, so wollte es "auch die Einführung der Konstitution erzwingen. Daher brachen in Südeuropa und Frankreich Militärrevolutionen aus, durch welche ehrgeizige Generale an die Spitze der Regierung gelangten, In Deutschland war dies nicht möglich, weil das Heer Eid und Treue heilig hielt. Zn Italien entstand der Geheimbund Carbonaria; denn in diesem Lande ging es arg zu. Man beseitigte die Verbesserungen, um das Alte wieder herzustellen, brauchte dazu viel Geld, erhöhte die Steuern, that nichts für Handel und Industrie, ließ Schulen und Unterricht sinken und legte den verarmenden Unterthanen noch Zwangsanleihen auf. Unwissenheit und Aberglauben nahmen überhand, das Gerichtswesen artete in Kabinetsjustiz aus; die Gebirge füllten sich mit Räuberbanden, und oft mußte die Regierung ihnen Tribut zahlen, um in gewissen Gegenden Sicherheit zu erkaufen. Die Soldaten wurden so schlecht bezahlt, daß sie zum Theil vom Betteln lebten. Die Fürsten aber hatten mit Oesterreich, welches sich den Einfluß auf Italien sichern wollte, einen Vertrag geschloffen, demgemäß keine Konstitution lollte bewilligt werden, wogegen Oesterreich sein Heer zur Verfügung stellte. Da fand denn die Karbonaria überall Teilnehmer, deren es 1819 bereits über 650,000 gab; doch waren diese über ihren letzten Zweck nicht einig, da eine Partei die Republik, die andre nur eine Konstitution, die dritte nur Italiens Einheit wollte. Nun hatte Ferdinand Iv. 1816, als er Sicilien und Neapel zum Königreich beider Sicilien vereinigte, die Konstitution beider Staaten aufgehoben und die hohen Militärs wie den gemeinen Soldaten auf vielfache Weise gekränkt. Als nun in Spanien 182u die Militärrevolution glückte, beschlossen die Karbouari, dastelbe in Neapel zu versuchen (Ib^'O). Ein Lieutenant mit 130 Mann begann in Nola den Ausstand, andre Offiziere schlossen sich an,_ und der gegen sie gesandte General Pepe stellte sich an die spitze der Revolution. Darüber erschrak der König so sehr, daß er binnen acht Tagen eine Konstitution zu geben versprach und nach einigen Tagen die spanische Verfassung annahm. Pepe

7. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 12

1874 - Jena : Costenoble
— 12 — rückte mit 20,000 Mann in Neapel ein, wo nun eine neue Regierung eingesetzt wurde. Kaum wurde dies in Palermo bekannt, so brach dort ein Aufstand aus, bei welchem der Pöbel die Hanptrolle spielte. Man verjagte den Statthalter, zerstörte dessen Haus, plünderte und verbrannte die Wohnungen Mißliebiger, befreite 3000 Verbrecher und vertrieb oder töbtete die Soldaten. Es brannten mehrere Paläste nieder und wurden an 4000 Menschen ermordet. Si-ciliert sollte ein unabhängiges Reich sein; daher setzte man eine Regierung als Junta ein, bewaffnete das Volk, zwang durch bewaffnete Banden die übrigen Städte zum Beitritt, oder plünderte sie ans und tödtete die Einwohner ohne Unterschied des Alters und Geschlechts. Da erschien Pepe mit 6000 Mann. In Palermo brach ein Aufstand aus gegen die Junta, die au Unterwerfung dachte. Nun ward die Stadt erobert, erhielt aber einen günstigen Frieden, der in Neapel nicht gebilligt und Pepe daher abberufen ward. Solche Vorfälle konnten weder den König noch Metternich für constitntionelle Verfassung günstig stimmen, vielmehr dachten diese an kräftige Unterdrückung der Bewegung. Auch im Kirchenstaate brachen Unruhen aus, die aber ohne weitere Folgen blieben, wogegen in Piemont Adel und Offiziere an offne Revolution dachten und sogar den Kronprinzen Karl Albert gewannen, welchem sie die Königskrone von Italien versprachen. In Alessandria brach im Frühjahr 1821 eine Militärrevolution aus, und bald daraus in Turin. Der erschreckte Victor Emanuel entsagte der Krone und Karl Albert bewilligte, scheinbar gezwungen, die Constitution. Da nnn auch in Spanien die Revolution gesiegt hatte, so hielt es Metternich für hohe Zeit, die Souveränität der Fürsten zu schützen. Oesterreich rüstete ein Heer au5, und als sich die Regierung Neapels rechtfertigen wollte, ward ihr Gesandter schnöde abgewiesen, und der -Congreß zu Troppau bevollmächtigte Oesterreich, die Revolution in Italien mit Waffengewalt niederzuwerfen. Zwar sprachen Frankreich und England dagegen, aber Alexander war für den Plan, weil eben in Petersburg ein Garderegiment rebellirt hatte, und Hardenberg huldigte ganz den Ansichten Metternichs. Man lud den König von Neapel zum Congreß zu Laibach ein, weil man mit seinem revolutionären Ministerium nicht verhandeln könne. England verwahrte sich gegen diesen Beschluß, that aber nichts dagegen; Frankreich war einverstanden, und König Ferdinand erklärte sich für Metternich. Im Parlamente zu Neapel veranlaßte des Königs Erklärung große Aufregung, die Minister legten ihr Amt nieder, man hielt feurige Reden, versäumte es aber, sich zur Gegenwehr zu rüsten. Es fehlte an Waffen und Geld; man mußte gegen hohe Zinsen leihen.

8. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 14

1874 - Jena : Costenoble
— 14 - Mörder bestraft, bte Geistlichen, besonders die Kardinäle, erpreßten und verschwendeten ungeheure Summen, legten nie Rechenschaft ab und waren unverantwortlich. Pius Viii. übertraf an Un-dulbsamkeit und Grausamkeit seine Vorgänger, verfolgte die Car--wci Ym^ und züchtigte Ieben, der sie nicht anzeigte, mi{ ©a^erenftrafe. Franz Iv. herrschte in Toscana als Despot, und ähnliche Zustänbe gab es in Modena und Parma. Da brach un Mai 1830 in Bologna und Florenz der Aufstaub aus. Franz floh und schleppte die verhafteten Carbonari mit fort; in Bologna verjagte man den päpstlichen Commissarins, und alle ©täbte des Kirchenstaates folgten dem Beispiele. Nur in Rom mißlang der Aufstanb. Die Städte sagten sich vom Papste los und setzten eine eigne Regierung ein, obschon der neue Papst Gregor Xvi. seinen „vielgeliebten Unterthanen" Amnestie versprach. Sein Kardinal Benvenuti, welcher eine Gegenrevolution veranstalten sollte, entging nur mit Mühe dem Tode und warb in Bologna gesungen gesetzt. In Bologna rechnete man auf Frankreichs Schutz und verabsäumte es, ein Heer auszurüsten. Denn Metternich hielt Uch für berechtigt, sich roteberum als Vorsehung in Italiens Angelegenheiten einzumischen, ließ Truppen marschiren, und Louis Philipp wollte den legitimen Fürsten gegenüber als Feind der Revolution erscheinen, erhob daher keine Einsprache, ließ sogar Pepe und Anbre aus französischem Boden verhaften. Da bte Ü'ctnzostschen Minister von diesem geheimen Eiuverstänbniß ihres Königs nichts wußten, so bankten sie ab, und Louis Philipp nahm gefügige Minister an. Die Oesterreicher rückten in Parma und Modena ein, überwältigten den geringen Wiverstanb, besetzten Bologna und Ancona, bte Aufständischen mußten sich dem Papste unterwerfen und wurden hart bestraft. In Modena sperrte sie der Herzog in Iesuitenklöster ein, nahm ihnen ihre Besitzungen und schenkte diese bett Jesuiten. In Neapel war auf Ferbinanb I. ®°5“ Franz I. (1825) gefolgt und auf diesen Ferdinand H. (1830), der manche Verbesserungen einführte. Auch in Sar-btnten folgte auf Karl Felix der unzuverlässige Karl Albert (1831), welchem Metternich die Krone entziehen wollte. Um sich zu behaupten, führte er wesentliche Verbesserungen ein, förderte das Wohl des Landes und ward in ganz Italien beliebt. Selbst der Papst, gedrängt von Frankreich, mußte manche Uebelstände abstellen, woraus die Oesterreicher das Land räumten, wo sie bitter gehaßt wurden. Die römischen Provinzen richteten an die Großmächte eine Denkschrift, in welcher sie die grauenhafte Wirthschaft der Kardinäle, die Willkür und das Ausplünderungssystem derselben darstellten und Aushebung der weltlichen Herrschaft des Papstes, Befreiung des Unterrichts von der Leitung durch Geistliche, Besei-

9. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 16

1874 - Jena : Costenoble
— 16 — päpstlichen Beamten. Der Papst herrschte wieder unumschränkt, und der englische Gesandte erklärte, England möge mit den Con-ferenzen der Großmächte nichts mehr zu thun haben, da sie nur zu Gunsten der Unterdrückung der Freiheit der Völker ausfielen. In ganz Italien von Neapel bis Turin herrschte der unbeschränkte Einfluß der Jesuiten und ein rücksichtsloser Absolutismus mit Kerker- und Todesstrafen. Italien hatte gezeigt, daß es nicht im Stande war, sich bessere Zustande zu verschaffen. Geheimbünde und vereinzelte Aufstände reichten nicht aus, da es der freisinnigen Partei an Muth in offener Feldschlacht fehlte und die große Masse des Volkes bei dem schlechten Volksunterrichte nicht wußte, was zum Heile oder was zum Verderben führe. Als Ferdinand I. sich zu Monza (1838) als König der Lombardei krönen ließ und mild die politischen Vergehen verzieh, jubelte man in ganz Oberitalien und freute sich des Abzuges der Frauzosen aus Ancona, wo sie widerrechtlich sechs Jahre lang geblieben waren. Als der Herzog von Toscana (1839) einen Gelehrtencongreß in Florenz veranstaltete, vergaß das leichtlebige Volk, daß Papst Gregor Xvi. sich jedem Fortschritt widersetzte und sogar die Eisenbahnen als Werke des Teusels mit dem Jnterdict belegte. Von Zeit zu Zeit setzten die geheimen politischen Vereine einen Tumult in ^>cene, durch welchen Leichtgläubige ins Unglück gestürzt wurden, wogegen sich die Anstifter wohlweislich fern hielten. Eine Aenderung trat erst ein, als wider Erwarten der Kardinal Graf Maftai Feretti, ein geborener Römer, als Pins Ix. zum Papst erwählt wurde (1846). Nach drei Tagen gaben ihm von 46 Kardinälen 36 ihre Stimme. Der neue Papst soll ausgerufen haben: Meine Herren, was haben Sie gethan? und ohnmächtig geworden sein. Er zeigte sich milde, gab eine Amnestie, sür Tausende eine Wohlthat, zog sich aber dadurch das Mißfallen der Kardinäle zu. Ein ausgestoßener Jesuit, Pater Ventura, soll ihn dazu bewogen und eine Reform des Jesuitenordens vorgeschlagen haben. Denn Pius wollte dadurch seine Weltherrschaft sichern, daß er die Freiheit der Völker unter seinen Schutz nahm, so daß nun in Italien der Anstoß zu besseren Verfassungen vom Papste ausging. Pius ward der populärste Mann, ^anze, beitrüge und Festspiele feierten feinen Namen, bis er unter den Einfluß der Jesuiten kam, welche ihm dafür die Machtvollkommenheit der Unfehlbarkeit schenkten, die natürlich nur-ihnen ortheu ^ Die Kardinäle waren mit den Ansichten des Papstes nicht einverstanden, erklärten vielmehr in ihren Bekanntmachungen, es werde Alles beim Alten bleiben, mißbilligten alle freisinnigen Theorien, verboten die Bibelgesellschaften und liberale Bücher, und

10. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 18

1874 - Jena : Costenoble
— 18 — nach Modena aus, worauf das Ländchen^an Toscana fiel. Nicht minder abgeneigt gegen die Neuerungen war Karl Albert, der sogar ein Buch Gioberti's verbieten ließ, weil es gegen die Jesuiten geschrieben war. Indessen schien dem Könige die Nähe der Oesterreicher sehr bedenklich, er schloß sich daher den Bestrebungen des Papstes an, um einen Rückhalt zu haben, bewilligte eine Constitution und machte sich Italiens Vereinigung zu einem Bundesstaate zur Aufgabe. In Neapel und Palermo kam es dagegen (1847) zu blutigen Auftritten, bis Ferdinand Ii. nachgab, um sich von Karl Albert nicht überholen zu lassen. In Messina und Reggio kam es zu Versuchen bewaffneter Empörung, die aber durch Waffengewalt unterdrückt wurde. Dagegen begannen in Palermo die Massenaufzüge und, da diese verboten wurden, die Aufforderungen zum bewaffneten Widerstand gegen die verhaßten Neapolitaner. Ein wüthender Straßenkampf entwickelte sich, der Aufstand or-ganisirte sich, bewaffnete Bauern kamen der Stadt zu Hilfe, andre Städte empörten sich gleichfalls, und dabei blieb die Besatzung Palermos ohne Unterstützung. Sie ward von Straße zu Straße zurückgedrängt, obschon man von dem Fort Castellamare aus die Ltadt bombardirte, mit Kartätschen die Toledostraße rein fegte und Dampfer neue Truppen brachten. Da mengte sich ein englisches Kriegsschiff zu Gunsten der Aufständischen in den Kampf, der Gouverneur sah sich gehemmt, und nach siebentägigem Kampfe bewilligte der König ein Constitution, welche aber nicht genügte. Der Kampf begann von Neuem, der königliche Palast ward erstürmt, das Militär aus der Stadt getrieben und zur Heimkehr nach Neapel gezwungen. In dieser Stadt war unterdessen die Revolution auf unblutige Weise durchgesetzt, da Demonstrationen mit Kokarden in Nationalfarben, welche man anlegte, das Wehen mit dreifarbigen Tüchern, Geschrei nach der Constitution und andre harmlose Thaten hinreichten, die Generale und Polizei-beamten derart zu erschrecken, daß sie den König baten, sich dem Willen des Volkes zu fügen. Anfangs versuchte das Militär die Straßen zu reinigen; aber die Masse wich ihm ans, um sich dann wieder zu versammeln und das Bittgeschrei nach Constitution zu verdoppeln. Nachdem die Soldaten viel marschirt waren, legten die erschrockenen Minister ihre Stellen nieder, und der König versprach den Schreiern die verlangte Constitution. An diesen Bewilligungen der Constitutionen trug England Schuld, dessen Ministerium (Palmerston) sich durch die Schlichtung der Schweizer Wirren und den Einfluß Frankreichs auf Spanien benachteiligt sah und sich daher in Italien das entscheidende Wort sichern wollte. Lord Minto mußte Italien bereisen, die Fürsten gegen Frankreich aufhetzen und das Volk für Constitution be-
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